Sunday, June 29, 2014

Milonga Ohne Worte

Link to the English version: Sacred Silence at the Milonga

This was my first blog post in German (below).  Articles, like this one, will from now on be found on a separate blog: "Tango Therapeut."  My blog features a translator on the right margin.  That helps those who are reading in English as a second language.  I do the same, when I read Spanish, German or French before going back to the original.   If German is a second language for you, as it is for me, you can use the quick translator to read this too!
 
Thanks,  Mark, (a.k.a. the Tango Therapist).



Stell Dir vor: ein Tanzabend ohne zu reden.

Ich muss es mir nicht mehr vorstellen, Ich erlebte es neulich in Heidelberg, Deutschland.

Dieser Beitrag ist KEINE Fiktion, auch wenn er ein wenig surreal erscheint.

Der Tanzpalast Don Carlitos in Eppelheim bei Heidelberg hat eine angenehme, fröhliche Atmosphäre, aber vergangenen Sonntag war es etwas anders. Die Atmosphäre schien verändert, als ich rein kam. Üblicherweise findet die übliche Sonntagsmilonga einmal monatlich statt, aber diese war eine besondere Milonga an einem anderen Sonntag. Eine Rundmail machte deutlich: dort würde nichts zur hören sein als Musik, und davon abgesehen nur Stille. Das mag einige Leute abgeschreckt haben. Umso
besser. Ich war bereit für eine ganz neue Erfahrung.

Ich liebe den Klang der Musik und der Leute, wenn ich mich einer Milonga nähere und diese betrete. In einem sozialen Umfeld drücke ich mich gern aus, indem ich Konversationen pflege -- ich bin also kein Gegner von Reden. Gespräche glücklicher Menschen haben eine einen eigenen “musikalischen" Klang. Wie dem auch sei, die Stille ließ eine gewisse Ruhe und Gelassenheit im Foyer der Milonga entstehen, die mich wie ein Déjà-vu traf. Der geschmackvoll eingerichtete Raum, in dem man seine Schuhe wechselt, erinnerte mich in seltsamer Weise an etwas, das ich als kleines Kind und an anderen Punkten meines Lebens gespürt hatte: Die Begegnung mit der Stille, wenn man eine Kirche oder ein heiliger Ort betritt. Ein heiliger Ort kündigt sich mit der Notwendigkeit an, sich leise zu verhalten, oder -- noch besser -- mit der Notwendigkeit, ruhig zu sein um etwas empfangen zu können.

Rumi, ein persischer Poet und Theologie schrieb:
Warum hast Du solche Angst vor der Stille?
Stille ist die Wurzel von allem …
Wenn Du Dich in ihre Essenz hineinbegibst …
Werden hundert Stimmen donnern
mit Botschaften die Du hören möchtest …

Durchbrechung der Milonga-Plauderei
Auch wenn ich glaube, dass Tango mir das Gefühl vom Himmel auf Erden geben, einen Hauch des Himmlischen zu bereiten vermag, empfange ich diese Empfindungen oft nicht durch die üblichen Milongagäste, sondern von meinem Tanzpartner. Nur eine Person, die nicht viel sagen muss oder einfach ruhig ist, kann dieses himmlische Gefühl entstehen. Sie ist die Person, die einfach nur seufzt, als sähen wir einen wunderbaren Sonnenuntergang, den wir gemeinsam aufmerksam beobachten. Sie ist die Person, die die Umarmung aufrecht erhält, um den Moment auszudehnen. Zum Glück ist meine Lebenspartnerin auch so eine Person.

Lassen sich die heiligsten Momente unseres Lebens nicht am passendsten durch Stille beschreibt? Ich kenne diese Stille und heilige Orte -- der Sierra Nevada Wüste, die gestochen scharfen Kammlinien der Berge von Guadalupe, die Tiefen des Roten Meeres, der Höhen des Berges Sinai, die Skulptur, aus Fels gehauen, der Stadt Petra in Jordanien, die Empfindung der Momente der Stille in Beethovens Neunter, als ich sie zum ersten Mal live hörte. Heilige Momente und Orte gebieten Stille oder erlauben höchstens ein Flüstern. Ich weiß aber auch, dass sich der Saumes des Himmlischen durch Musik berühren lässt. Schweigen ist Gold, aber was ist Schweigen mit Musik? Es ist Platin!

Musik kann der hörbare Ausdruck eines stillen purpurroten Sonnenuntergangs sein. Der für mich vielleicht schönste Moment des Schweigens kombiniert mit Musik geschah vor Jahren in Paris in der Basilika von Sacré-Cœur, der Basilika mit dem Blick über die Dächer von Paris. Der Organist spielte ein Stück, das auf die schönste Weise immer noch in meinem Kopf herum spukt. Ich muss nicht nach dieser Musik suchen und sie kaufen. Sie ist immer noch in mir als ein unbeschreibliches Gefühl, das nicht gut in ein MP3-Format übertragbar wäre.

Aber Tango Musik und Stille? Machen wir das nicht alle zu Hause?
Nicht wirklich. Nur selten hören wir daheim Musik. Die meisten von uns, jedenfalls ich, erledigen daheim beim Musikhören einiges. Zur Musik zu tanzen kann für mich die intensivste Art des Hörens sein, fast so stark wie die Erfahrung, mit anderen Musikern in einem Ensemble (in der Regel Jazz) zu improvisieren.

Stille ist der Ort, der der Musik selbst erlaubt, sich ausdrücken zu können.
Immer wenn es im Tanzsaal still war, hatte die Musik eine Dynamik, die ich so nie zuvor auf einer Milonga gehört hatte. Unser kollektives Tanzen, kombiniert mit Musik und Stille, übertraf Platin. Das Gold des Schweigens verschmolz mit dem Platin der Musik und dem Rhodium der inniglichen Umarmungen. Diese besondere Legierung von Edelmetallen eignet sich für einen Ring, der den Edelstein der getanzten Umarmung umschließt. Dieser Edelstein ist kein Diamant, wie Du sicherlich erraten kannst, sondern ein weißer Stein, seltener als Diamanten und unbezahlbar. Ich werde das später erklären.

Wenn Stille das Heilige ausdrückt, was ist dann profan (wenig heilig)?
  • Der Mann hinter mir, der ein Gespräch darüber führt, was er bei der Arbeit gemacht hat. Gleichgültig ob laut oder leise: es ist profan. Es ist sogar profan, in der Welt des argentinischen Tangos während des Tanzens zu flüstern.
  • Die Gruppen von Menschen an den Tischen, die so laut sind, dass es in ihrer Nähe schwer ist, auch nur den Takt des Liedes beim Tanzen zu hören, na, das ist wenig heilig. Soziale Konversation sollte Rücksicht auf den sozialen Kontext nehmen: du kannst in der Kantine eines Boot-Camps der Marine fluchen, aber nicht beim Abendessen am Tisch mit deiner Oma.
  • Die beiden Paare, die halb auf der Tanzfläche stehen bleiben, und dort während einer gesamte Tands ein Gespräch führen, blind gegenüber der Verwüstung, die sie auf der Tanzfläche anrichten. Das ist unsoziales Tanzen. Profan, asozial im besten Falle.
  • Das Paar, das die Hälfte eines jeden der vier Lieder einer Tanda plappernd zubringt, so dass jedes andere Paar entweder auf der Stelle oder um diese herum gehend tanzen muss. Bitte, nehmt Euch ein Zimmer oder setzt Euch hin. Ein Zimmer zu mieten wäre weniger profan und mehr Spaß für alle Beteiligten.
  • Auch die stille Frau, die mit ihrem Smartphone sitzt, ihr Gesicht hell erleuchtet vom Bildschirm, auf dem sie herumtippt, laut verkündend, sie sei nicht anwesend. Sie könnte genauso gut laute Kopfhörer aufsetzen und Heavy Metal hören, um ganz an einem anderen Ort und in einer anderen Zeit zu sein, weit weg von der einschüchternden Stille oder der Tangomusik. Das ist leider ein sehr profaner Ausdruck der Schönheit der Technik und einer Gesellschaft, die ihre Kinder vernachlässigt, während sie ihrem “Smart"-phone ungeteilte Aufmerksamkeit widmet. 

Ja, Stille kann beängstigend sein, wenn man eigentlich versucht, seinen eigenen zwanghaften Gedanken auszuweichen, den eigenen Ängsten der Unzulänglichkeit gegenüber dem Partner, der endlich die Aufforderung Deiner Augen annimmt. Sie ist beängstigend, wenn man dem eigenen Bedürfnis ausweichen möchte, mit jemandem über innerste Gefühle zu sprechen.



Stille ist das Papier, auf dem der
Komponist sein Meisterwerk schreibt.*

… Stille ist die Wurzel von allen …
Wenn Du Dich in ihre Essenz hineinbegibst …
Werden hundert Stimmen donnern

mit Botschaften die Du hören möchtest …Um gerecht zu bleiben, sollte ich mich nicht über irgendwelche der oben genannten Leute aufregen. Sind wir nicht alle schuldig, wenn es darum geht, nicht den ganzen Tag lang aufmerksam zu sein und die heiligen Momente um uns herum zu übersehen? Und nehmen wir nicht alle allzu oft die himmlischen Momente der Musik und des unergründlichen Tandems improvisierter Bewegungen im Tango als selbstverständlich hin? Wenn wir uns unser Lebenszeit als einen Tag vorstellen, wären dann nicht die unendlich kostbaren Mikrosekunden unserer Umarmungen ein Leben lang wertvoll und heilig? Stelle diese Frage einem Sterbenden.

Silencio SagradoAls ich das Foyer des Don Carlito betrat, stand bei der Person an der Kasse ein großes Schild, das erklärte, dass bei Silent Milonga nicht geredet werden solle. Das Schild wies auch darauf hin, dass Getränke nach dem Vertrauensprinzip beim Verlassen der Veranstaltung bezahlt werden sollten, damit niemand während der Milonga ein Getränk bestellen oder bezahlen musste.

Einander per Blickkontakt zu einem Tanz aufzufordern ist leicht für die Tänzer diese lang etablierten Szene in Heidelberg, aber einen ganzer Abend verbringen ohne zu sprechen? Für eine Begrüßung genügte einer Umarmung und ein funkelnder Blick. Es funktionierte von Anfang an.

Ein leises Lächeln sagt viel mehr als Lippen mit Worten ausdrücken könnten.

Kein Austausch von Namen, keine Gespräche zwischen den Tänzen einer Tanda waren notwendig. Mir vielen für jede Frau Namen ein, die ich ihr hätte geben können. Die Apokalypse spricht von dem Moment, in dem wir einen weißen Stein erhalten werden, und auf diesem Stein wird der Name stehen, den Gott uns gibt und den niemand kennt. Warum nach der Tanda nicht einander gegenseitig weiße Steine mit einem Namen darauf geben, den dann nur diese Person und Du kennen?

Die nonverbale Aufforderung zum Tanz (mit Mirada y Cabeceo) gab uns bereits einen Vorsprung. Die Tango-Kultur besteht darauf, mit einem stillen Blick zum Tanz aufzufordern und die Aufforderung ebenso still anzunehmen. Wunderbar, wie das Geplapper zwischen den Liedern wegfiel. Nicht, dass wir uns nichts zu sagen gehabt hätten, aber fantastische Dinge lassen sich manchmal besser durch Schweigen ausdrücken. Bevor Du denkst, meine Beschreibungen klingen aufgesetzt: ich hatte auch das Gefühl, das wir manchmal wie Kinder waren. Das kostbare unterdrückte kindliche Kichern sagte auch einiges aus, wie Geschwister in der Kirche, die trotz der Regel des Schweigens ihr Kichern nicht verbergen können.
Während der Nacht beobachtete ich diese Kuriosität:   Oft sah ich zwei Personen, die ihre Hände zu einer traditionellen Begrüßung zusammenlegten, ähnlich wie bei "Namaste", einer unter Hindus allgegenwärtigen Grußformel und Grußgeste (Mudra „Geste“), die Ehrerbietung für einen anderen Menschen sowie für das Göttliche im Gegenüber ausdrückt.

Am Ende der Nacht blieben ein paar von uns in der Stille. Als ich ging, zahlte ich für meine Getränke in die Vertrauenskasse. Ich brauchte Wechselgeld für meinen 20 Euro-Schein und sah, dass der Korb mit 10- und 20-Euro-Scheinen gefüllt war. Ich denke die meisten von uns zahlten aus Dankbarkeit mehr als nötig war.

Schweigen ist kostbarer als Gold, wenn sie mit Musik und Tanz verschmilzt. Der Ring, den dir dein umarmender Partner am Ende jeder Tanda gibt, trägt einen weißen Stein.

Lies was auf diesem Stein geschrieben steht ... in Stille.



*I was trying to say: "Silence is the paper on which the composer writes his masterpiece."   I am not sure if I got it right it German. :-)


Translation into German: Suggestiong for anything that does not make sense: Mark.word1@gmail.com. translated by Jörg, Sabrina and Eric.   If it doesn't make sense, it probably is only because the original didn't!

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